Die Renaissance der Stechuhr und das Ende der Vertrauensarbeitszeit?
Hinweis: dieser Beitrag stellt keine Rechtsberatung dar.
Management Summary
Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 14. Mai 2019 stellt viele Arbeitgeber in Bezug auf die Dokumentation der Arbeitszeiten ihrer Angestellten vor große Herausforderungen. Das jüngste Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 13. September 2022 zur „Einführung elektronischer Zeiterfassung – Initiativrecht des Betriebsrats“ unterstreicht den Handlungsbedarf. Arbeitgeber sind verpflichtet ein System einzuführen, mit dem die von Arbeitnehmern geleistete Arbeitszeit erfasst werden kann. Dabei gehen die Anforderungen über die korrekte Erfassung der Kommen- und Gehenzeiten hinaus und beinhalten auch die Erfassung der Pausenzeiten. Eine hybride Form aus Self-Service-Portalen (App, Web) und Zeiterfassungsterminals in Kombination mit einem geeigneten Zeiterfassungssystem könnten die Lösung für dieses Problem sein.
Kommt jetzt die Renaissance der Stechuhr?
Es wirkt surreal, wenn die gelebte Praxis in vielen Unternehmen mit der Rechtsprechung des EuGH aus dem Jahr 2019 zur Arbeitszeiterfassung gegenübergestellt wird. Während die reale Welt, getrieben durch Corona-Pandemie und Digitalisierung, sich immer weiter flexibilisiert, fokussiert sich der EuGH auf den Gesundheitsschutz der Angestellten. Ein ehrbares Ziel, welches der EuGH mit der für alle Arbeitgeber verbindlichen Einführung eines geeigneten und transparenten Zeiterfassungssystems durchsetzen will. Für den personalintensiven Pflegesektor ist die gesetzeskonforme Umsetzung dieser Regelungen eine Mammutaufgabe. Das in vielen Unternehmen praktizierte Modell der Vertrauensarbeitszeit wird es voraussichtlich in seiner Reinform schon bald nicht mehr geben. Ein kurzer Blick auf die rechtlichen Rahmenbedingungen ist für die weiteren Überlegungen hilfreich.